Dennis Quentin

Dennis ist wohl einer der am meisten auffallenden Schüler - nicht nur, weil er im Rollstuhl saß, sondern auch, weil er ein wirklich GUTAUSSEHENDer Junge war. Zum einen ist er GROSS und extrem DÜNN, aber davon sieht man ja nichts mehr, seit er sich nur noch im Sitzen und auf Rädern unterwegs ist. Man sieht nicht mehr viel von den schlanken, gut ausgebildeten und lange zur Perfektion trainierten MUSKELN, den breiten Schultern und schmalen Hüften, den langen, kräftigen Beinen und den gut gebauten Armen. Davon sieht man nicht mehr viel. Was noch auffällt, ist seine BRAUNE HAUT; das erinnert wohl das einzige, was noch an seine hawaiianische Herrkunft erinnert. Auch, wenn man davon nicht mehr viel sieht. Er bevorzugt inzwischen lange Hosen und Sweatshirts. Es ist so einfach. Aber in seinem Gesicht, da sieht man immer noch die braune Haut und die SOMMERSPROSSEN, zusammen mit der geraden Nase und den vollen Lippen. Und den Augen. Das war wohl das Signifikanteste an ihm. Diese großen, leuchtenden Augen, BLAU wie das Meer um die Inseln, auf denen er aufgewachsen war. Füher hat er sich gern viel daraus gemacht, das zu zeigen, mit schicken Klamotten, stolz erhobenem Kinn und gestrecktem Körper. Inzwischen versteckt er sich in Shirts, die zwei Nummern zu groß sind, und versucht grundsätzlich, seinen Blick unten zu halten, weil es nicht anders geht. Niemand soll ihn bemerken.

Man kennt Dennis. Das ist einfach so. Das soll jetzt nicht irgenwie überheblich klingen, oder irgendwie scheiße oder arrogant. Das ist schlicht und ergreifend die Wahrheit. Das liegt nicht nur daran, dass er einmal bereits auf der HorizonRanch zu Gast war, zusammen mit seiner wahren Liebe, dem Friesenhengst Phyllis. Nein. Aber auf einer Schule, die so klein ist wie dieses Internat - eigentlich auf jeder Schule -, kennt man DEN JUNGEN IM ROLLSTUHL. Denn ja, Dennis sitzt im Rollstuhl seit diesem blöden Unfall mit dem bekloppten Fuchshengst seines besten Freundes, der nun wirklich ein Teufel auf vier Hufen ist. Nicht auf Dauer natürlich - nur, bis sein Bein wieder funktionstüchtig ist. Also vielleicht so bis Dezember, oder Januar. Weil das ja auch nicht ein halbes Jahr ist, das er verschenkt hat.
Dennis war FRÜHER immer laut, ein Witzbold, der es nicht sein lassen konnte, zu flirten, bis die Mädchen weich wurden. Er war ein Mädchenschwarm, und er wusste es. Er konnte das Glitzern in seinen Augen und das freche Grinsen geschickt einsetzen, um die Menschen zu beeinflussen, und eigentlich konnte keiner ihm irgendwas anhaben. Er war cool, beliebt und die Art von selbstbewusst, die zwar an arrogant grenzte, aber noch immer irgendwie sympathisch wirkte. Er hatte immer die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, und er hatte viele Freunde gehabt.
Aber, wie man sieht, Benutzung der Vergangenheit.
Denn das hat sich verändert, seit der INTELLIGENTE Junge in den Rollstuhl gekommen ist. Wenn du plötzlich das verlierst, was du am Meisten liebst, dann verändert sich dein ganzes Leben. Nein, du veränderst dich auch. Nicht nur dein Leben. Dennis erinnert sich noch gut an den Kampf, um PHYLLIS zumindest noch behalten zu können, wenn er ihn schon nicht mehr reiten konnte. Gott, er KANN NICHT MEHR REITEN. Das ist so ziemlich die schlimmste Strafe für seine eigene Dummheit, die er jemals bekommen wird. Er war mal ein ausgezeichneter Dressurreiter, und jetzt hat er keine andere Wahl mehr, als Kutsche zu fahren. Was doch eigentlich total langweilig ist. Sowohl für in als auch für Phyllis und Warrior. Gut, die Drei schlagen sich wacker. Aber trotzdem.
Was er auch hasst, ist die Tatsache, dass er so verdammt ABHÄNGIG ist. Er kann keine Treppen mehr steigen. Er braucht Hilfe, sich um seine Pferde zu kümmern. Er kann kein Auto mehr fahren. Sich in oder aus dem Rollstuhl hieven ist mit großen Schmerzen verbunden. Anziehen oder duschen oder was auch immer, eigentlich alles ist mit Problemen verbunden. Er kann eigentlich nichts mehr machen. Gar nichts. Und alle gucken ihn an, mit diesem Blick. Mit diesem verdammten, mitleidigen Blick. Dennis HASST MITLEID. Aber alle bemitleiden sie ihn, den Jungen im Rollstuhl.
Und das VERÄNDERT einen Menschen schon. Seht ihn euch an. Die Augen verlieren Glanz, das Grinsen ist eine Spur zu FALSCH, das Lachen zu kurz, die Kommentare zu selten. Er ist STILL geworden, fast schon schüchtern. Aber brodelnd, so gefüllt von WUT UND HASS. Dennis ist in einem sehr dunklen Ort gefangen, ein Ort, der ihn niemandem mehr trauen lässt, der ihn fordert und fordert, BIS ER ZUSAMMENBRICHT, Nacht für Nacht. Er isst nicht mehr, redet nicht mehr, lässt seine Freunde nicht mehr an sich ran. Und nachts, wenn er allein ist - oder auch nicht -, wenn es um ihn herum dunkel ist, dann lässt er es raus auf Arten, die grausamer sind als die Nazis in den Dreißiger- und Vierzigerjahren. Auch, wenn er natürlich nicht auf die Idee kommt, es an jemand anderem rauszulassen. Es war ja SEINE EIGENE SCHULD. Seine eigene Dummheit. Dafür muss er jetzt bezahlen.